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Wenn Kunden in der Hotline heiß laufen

Dies ist ein Beitrag für alle, die in unserer Service-Wüste leben und schon einmal Hilfe gebraucht haben. Von der Bank, vom Telekom- oder vom Streaming-Anbieter, der Versicherung, einer Airline oder einem Energieanbieter. Ein paar andere Dienstleister würden mir auch noch einfallen. Der gemeinsame Nenner der Geschichte ist, dass man gerne mit einem kompetenten Service-Mitarbeiter sprechen würde, der einem bei seinem Problem hilft. Das war immer schon schwierig. Heutzutage ist es fast unmöglich. Was man auf jeden Fall braucht, ist unendliche Geduld. Ein Tipp vorweg: Nicht gleich aufgeben, wenn man stundenlang in der Warteschleife hängt oder ewig auf einen Rückruf bzw. eine Antwortmail wartet. Es gibt schlicht keine Alternative in einer Welt, in der Menschen zwar stundenlang in Social-Media-Kanälen chatten, aber in der Zeit mit niemandem ein persönliches Gespräch geführt haben.


wenn kunden in der hotline heiß laufen

Der Hürdenlauf mit dem Telefon

Die erste Hürde ist also, am Telefon einen Menschen zu erreichen. Warum das "Hotline" heißt, wird immer klarer: Weil die meisten schon heiß gelaufen sind, wenn sie das Begrüßungs-"Menü" überstanden haben: Sind Sie Kunde, drücken Sie eins. Wollen Sie Hilfe, drücken sie zwei. Darf das Gespräch zu Schulungszwecken aufgezeichnet werden, drücken sie drei. Bis man da endlich durch ist, sind schon die ersten zehn Minuten vergangen und man wurde von diversen Jingles und Werbedurchsagen vollgedrönt. Kommt dann endlich die Ansage "der nächste freie Techniker ist für sie da," so sollte man sich nicht zuviel davon versprechen. Das kann erstens noch einmal lange dauern. Zweitens ist nicht sicher, ob der Kollege, der dann nach einer gefühlten halben Stunden abhebt, der richtige ist. Wenn er oder sie nach der Schilderung ihres Problems sagt "da muss ich sie weiterverbinden", sollten die Alarmglocken schrillen. In den meisten Fällen fliegt man dann nämlich aus der Leitung und muss wieder von vorne beginnen. Ich habe mir angewöhnt, noch schnell bittend zu fragen, ob man mich zurückrufen kann, falls ich beim Verbinden aus der Leitung fliege. Das klappt nur ganz selten.


"Ihr Anruf erreicht uns außerhalb der Geschäftszeiten"

Eine Methode, die in letzter Zeit zunimmt, um das Warte-Drama zu vermeiden, ist ein Tonband, das einen Rückruf anbietet. Manchmal klappt das sogar noch am gleichen Tag. Manchmal wartet man vergebens. Ein besonderer Fall ist der Anruf bei einer Bankfiliale um 14 Uhr am Nachmittag. Nach mehreren Klingeltönen sagt das Tonband "Sie rufen außerhalb unserer Geschäftszeiten an". Was machen die Mitarbeiter dort den ganzen Nachmittag? Neuer Versuch also am nächsten Vormittag. Tatsächlich hebt nach einigen Klingeltönen jemand ab. Vorsichtshalber frage ich, ob ich in der richtigen Filiale gelandet bin. Nein, heißt es, ich sei jetzt im Service-Center. Gut, können Sie mich in meine Filiale verbinden? Das sei leider nicht möglich, heißt es. Aber man könne mir einen Rückruf anbieten. Ich bin einverstanden. Leider warte ich auf den Rückruf bis heute...


Natürlich haben viele Firmen schon gemerkt, dass so ein Call-Center ein Hort zahlreicher Missverständnisse ist. Das schadet dem Image. Dazu kommt: Gibt es wirklich ein Problem mit einem Produkt, rufen so viele Leute an, dass die Leitungen zusammenbrechen. Manche lösen das, indem sie eine Tonbandstimme sagen lassen. "Aufgrund des starken Kundenaufkommens kann es zu längeren Wartezeiten kommen, probieren Sie es später wieder" und man fliegt flugs aus der Leitung. Andere wiederum haben beschlossen, telefonisch gar nicht mehr erreichbar zu sein. Nutzen Sie doch unsere Website oder unseren Chatbot, heißt es. Der elektronische Mitarbeiter, vielleicht schon KI-geformt, gibt zumindest immer gleich eine Antwort, z. B. "Auf unserer Website finden Sie in den FAQ viele Lösungsvorschläge".


"Wie zufrieden waren Sie mit unserem Service?"

Große Firmen leisten sich auch große Call-Center, die sie irgendwohin auslagern. Man merkt schon am fremdartigen Klingelton, dass man jetzt woanders ist. Das kann in Hamburg sein oder in Neu-Delhi oder in Warschau. Nichts gegen eine norddeutsche Stimme mit unbekanntem Akzent, solange sie kompetent wirkt. Doch nicht selten entdeckt man, dass das Verständnis für Anliegen aus dem kleinen Österreich an einer Sprachbarriere scheitert. Wahrscheinlich ist es wirklich gescheiter, für Service-Anfragen ein Mail zu schicken, wie es manche Anbieter wollen. Das erspart einen den Ärger mit einer Hotline, die diesen Namen vielleicht nicht verdient.


Zumindest kann man darauf pochen, dass am Ende jedes Kundenkontaktes meist (per e-mail natürlich...) gefragt wird "Wie zufrieden waren Sie mit unserem Service?" Was mit den vielen negativen Antworten dann passiert, werden wir wohl nie erfahren. Wahrscheinlich hängen sie noch in der Warteschleife: "Drücken Sie eins, wenn sie diese Texte überspringen wollen."


 
 
 

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