top of page

Medien-Krise: Die Leere in den Redaktionen

Presse, Standard und Kleine Zeitung bauen gerade jeweils eine zweistellige Zahl von redaktionellen Mitarbeitern ab. Kurier und Krone haben zum Teil mit großzügigen Abfindungsangeboten Personal reduziert. Wochen- und Monatszeitungen arbeiten längst nur mehr mit einer Handvoll von Leuten, wo es früher eine starke Redaktion gab. Auch die TV-Sender (Servus und Puls-Gruppe) reduzieren Personal, der ORF spart z. B., indem er teure Altverträge von Bildschirm-Stars nicht mehr verlängert. Noch nie gab es so viele arbeitslose Journalisten.


die leere in den redaktionen

Die Leser sollen tunlichst nichts davon merken. Doch zwischen den Zeilen spürt man, dass seltsame Veränderungen in den Medien stattfinden. Die Blätter werden dünner. Die Texte werden länger und ähnlicher, weil man mehr auf Agenturen angewiesen ist. Für echte Recherchen fehlt die Zeit, klagen Kollegen. Man wird zugemüllt mit neuen Aufgaben für immer weniger Mitarbeiter: Online und Print, dazu Podcasts, Videos und von Verlagen organisierte Events. Doch es ist nicht der Journalismus, der in der Krise steckte. Es sind die Verlagshäuser, denen angesichts sinkender Werbeeinnahmen und schrumpfender Printabos die Einnahmen zerrinnen. Ihre Reaktion ist der Abbau von Arbeitsplätzen.


Das passiert in einer Zeit, in der seriöser Journalismus als Eckpfeiler der Demokratie wichtiger denn je ist. Jede Menge Fake-News in den sozialen Netzwerken. Ein US-Präsident, der seine Lügen von ihm genehmen Medien veröffentlichen lässt und kritische Journalisten aus dem Weißen Haus aussperrt. Dazu nimmt die Zahl der "Agitations-Medien" zu. Sie tarnen sich als Nachrichten-Portale, um gewisse (politische) Inhalte zu forcieren. Erschreckend ist, wie viele Follower/User solche Seiten haben, die sogar noch um öffentliche Förderungen buhlen.


Das bedeutet, dass der Bedarf an faktenbasierter Information, an Qualitäts-Journalismus und intelligenten Kommentaren sehr groß ist. Doch wie soll das finanziert werden, wenn die Werbegelder immer mehr zu Google & Co. fließen und die Leser, die sich vergleichsweise teure Print-Abos leisten, langsam aber sicher aussterben? Ganz unschuldig sind die Verlage nicht: Auf dem kleinen österreichischen Markt sind über viele Jahre zwei entscheidende Fehler gemacht worden.

  1. Man hat die Konsumenten dazu erzogen, dass Informationen auf Online-Portalen (und teilweise auch in Zeitungen) gratis sind. Nur ein sehr geringer Teil ist bereit, Geld für ein Online-Abo auszugeben und auch das nur, wenn es billig ist. Die entsprechenden Anbieter finanzieren sich über (klassische) Werbung, was bei der aktuellen schwachen Wirtschaftslage und der Konkurrenz durch die US-Internet-Giganten immer schwieriger wird. Manche setzten unverblümt auf Regierungs-Inserate, die eine Zeitlang in Höhe von dreistelligen Millionenbeträgen flossen. Es glaubt wohl niemand ernsthaft, dass dafür nicht irgendwelche Gegenleistungen erwartet wurden (was die Beteiligten natürlich heftig dementieren...).

  2. Kaum ein Verlag in Österreich hat es geschafft, sein Geschäftsmodell rechtzeitig an die neuen Realitäten anzupassen: Jüngere lesen keine (Print-) Zeitung mehr. Die wichtigsten News stehen auf jeder Online-Plattform. Getrennte Redaktionen für Online und Print sind nicht mehr zeitgemäß. Doch ein wirklich effizientes Modell einer modernen Redaktion, in der auch genügend Kapazität für Recherche und eigenproduzierte gute Inhalte ist hat bisher niemand geschafft.


Jetzt kommt einmal mehr die Politik ins Spiel. Natürlich sind unabhängige (Qualitäts-)Medien auch jeder Regierung ein Anliegen. Daher werden statt Polit-Inseraten nun die Förderungen kräftig erhöht, um die Medienvielfalt am Leben zu erhalten. Über die Kriterien darüber, wer wieviel Geld erhalten soll, kann lange diskutiert werden. Faktum ist, dass ohne diese Steuermillionen für Verlage das Zeitungssterben längst Fahrt aufgenommen hätte. Auf Dauer kann das aber nur Teil der Lösung sein. Womöglich kommt auch bei uns der Moment, an dem Tageszeitungen nur mehr am Wochenende in Print erscheinen, sonst nur online zu lesen sind. Vielleicht braucht es innerhalb der Verlage neue Geschäftsmodelle (sinnvoller KI-Einsatz, Quersubventionen aus ertragreichen Bereichen), die eines ermöglichen: Es muss genug Geld da sein, um eine starke und inhaltlich unabhängige Redaktion zu finanzieren. Ihre Aufgaben: Sachverhalte erklären, intelligent kommentieren, dazu Service für alle Lebenslagen, wichtige Regional-News aus lokalen Quellen. Diese Art von Journalismus wird auch in Zukunft gefragt sein.



 
 
 

Kommentare


bottom of page