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Autorenbildmanfredschumi

Was auf die neue Regierung jetzt alles zukommt


Auch nach der Wahl bleiben die ungelösten probleme

Geht es nach den Biertisch-Polemikern, die größte Zielgruppe der Kickl-FPÖ, ist die Sache einfach: Schaut´s euch nur den Orban an, der nimmt keine Flüchtlinge und gewinnt seit Jahren die Wahlen. Der Putin ist auch nicht so schlimm wie alle tun. Und wenn das Leben zu teuer wird, dann senken wir halt die Steuern. Das Geld sparen wir bei der Kinderbetreuung ein, dann müssen die Frauen zu Hause bleiben und kriegen mehr Nachwuchs, der dann irgendwann unsere Pensionen zahlt.

Das klingt alles nach böser Realsatire im 21. Jahrhundert. Das Traurige daran ist, dass es viele gibt, die wirklich so denken. Das ist kein österreichisches Phänomen. In Frankreich (Le Pen), Deutschland (AfD) und den USA (Trump) drängen Gruppen mit ähnlich extremen Ansichten an die Macht. Ein "Sammelbecken aus Unzufriedenen, Systemgegnern und/oder Ewiggestrigen" nennt die "Presse" die FPÖ-Wähler. Dass sich dort nicht wenige tummeln, denen demokratische Werte egal sind, fällt zunächst noch nicht so auf.


Es gibt zwei Szenarien für die FPÖ

Sind diese Populisten - siehe Ungarns Orban - einmal an der Spitze, zeigt sich ihr wahres Gesicht. Die Pressefreiheit wird eingeschränkt, Gesetze werden ignoriert, die eigene Clique bereichert sich in einem Sumpf aus Korruption und Vetternwirtschaft. Und schuld daran sind immer die anderen, vorzugsweise "Brüssel". Man kassiert zwar gerne von dort Milliarden an Förderungen, aber an die Regeln der Gemeinschaft hält man sich nicht. Austreten kommt natürlich nicht in Frage, das würde man auf viel Geld verzichten...

Doch zurück nach Österreich. Hier gibt es für die FPÖ zwei Szenarien: Die eine wäre das "Rendezvous mit der Realität", wie das (Mit-)Regieren auch genannt wird. Schnell würde Kickls Traum von der "Festung" auseinanderbrechen und an den wirtschaftspolitischen Fakten scheitern. Dieses Experiment könnte unser Land allerdings in ein noch größeres Chaos stürzen.

Die Alternative besteht darin, dass der Wahlsieger zuschauen muss, wie die gemäßigten demokratischen Kräfte eine Drei-Parteien-Regierung ohne FPÖ bilden. Das wird schwierig genug angesichts der ideologischen Gegensätze mit der weit nach links abgedrifteten SPÖ und der ÖVP, deren Reformwille sofort erlahmt, sobald ihre eigene Klientel betroffen ist.


Jeder, der regiert, muss unangenehme Entscheidungen treffen


Die Probleme in unserem Land und die Sorgen der Menschen haben Medien, Wahlforscher und die Parteien wohl erkannt. Was fehlt, ist ein ehrlicher Zugang zu den Möglichkeiten, Dinge zu verändern. Danach wird es notwendig sein, unangenehme und auch unpopuläre Maßnahmen zu setzen, um unser Land wieder nach vorne zu bringen. Sehen wir uns die Hauptpunkte der Problemfelder an, die auf jede neue Regierung zukommen:


  1. Migration. Krieg, Not und Elend herrschen überall, wohin man blickt. Ukraine, Libanon, Gaza, Syrien, Afghanistan - verständlich, dass von dort Menschen fliehen. Bürgerkriege und Armut sind in Afrika weit verbreitet und treibt Massen in die Flucht. Ziel ist das (noch?) großteils friedliche Europa, wo es wirtschaftliche Perspektiven gibt. Die Migration sinnvoll und friedlich zu lenken versuchen wird die nächsten Jahrzehnte die größte Herausforderung der Politik sein. Da die Bevölkerung Europas ohne Zuwanderung schrumpft, besteht ein Bedarf nach Arbeitskräften, der ohne Migration nicht zu decken ist. Natürlich muss man versuchen, das sinnvoll zu steuern. Mit Zäunen oder einer "Festungs"-Illusion wird das sicher nicht funktionieren.

  2. Teuerung. Die Hauptursache der Preissteigerungen der letzten Zeit war die Veränderung bei den Energiepreisen. Lange war Europa verwöhnt von billigem Gas aus Russland und einem nie versiegendem Zufluss an Erdöl aus der ganzen Welt. Doch das CO2-Problem, der Klimawandel und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine gaben den Startschuss für eine Veränderung in der lebenswichtigen Energieversorgung, die mit enormen Kostensteigerungen verbunden ist. Die Wende hin zu mehr Wasser, Wind und Solarkraft ist sicher die richtige Antwort. Aber keiner hat den Leuten genau gesagt, dass der Umstieg enorm viel Geld kosten wird. Das spüren Haushalte und Betriebe und das hat das tägliche Leben verteuert sowie die Inflation hochgetrieben. Das Rezept der Regierenden, die Teuerung mit Finanzhilfen für alle auszugleichen, hat die Inflation noch höher getrieben. Auch die rekordverdächtigen Lohnabschlüsse ("Kaufkraft muss erhalten bleiben") erweisen sich als Eigentor: Denn Betriebe, die sich aufgrund schwacher Nachfrage das nicht leisten können, müssen jetzt Personal abbauen oder gehen Pleite. Es ist kein Zufall, dass Österreich wieder in eine Rezession gerutscht ist.

  3. Gesundheit, Pflege, Pensionen. Eine alternde Gesellschaft hat steigende Ausgaben in diesen Punkten. Es gilt, die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Menschen länger gesund sind auch länger arbeiten können (was bei der steigenden Lebenserwartung auch logisch wäre). Allerdings muss man auch die Wirtschaft dazu erziehen (zwingen?), dass sie aufhört, 55- oder 60-jährige in die Pension wegzuloben. Da Veränderungen z. B. beim Antrittsalter nur langsam und behutsam umgesetzt werden können, hätte man schon längst einen (intelligenten) Plan entwickeln müssen. Es darf bezweifelt werden, dass dies der nächsten Regierung gelingt. Daher werden noch mehr Budget-Milliarden ins Pensionssystem fließen anstatt sinnvolle in Reformen bei Bildung oder Kinderbetreuung.

  4. Wettbewerbsfähigkeit. Wir leben nun einmal in einer globalisierten Welt. Wir können Autos aus China kaufen, unsere Handys stammen aus Asien, die Turnschuhe sowieso. Bei der künstlichen Intelligenz sind die USA führend. Viele Rohstoffe kommen aus Schwellen- oder Entwicklungsländern. Wofür aber steht Europa? Nur ein großer Absatzmarkt für andere zu sein ist zu wenig. Daher ist es wichtig, dass es in der EU (und in Österreich) weiter eine konkurrenzfähige Industrie gibt. Wenn man die Rahmenbedingungen nicht ändert und sich weiter immer neue Bürokratie aufhalst, wird die Absiedelung von Top-Unternehmen, die bereits begonnen hat, weitergehen.

  5. Klimawandel. Von furchtbaren Hochwassern in Europa bis zu zerstörerischen Hurricans in den USA: Die Ursachen liegen in der Erwärmung der Meere und der Luft, das haben inzwischen die meisten kapiert. Es ist keinesfalls so, dass in Sachen Klimaschutz nichts passiert: Sowohl in China, als auch in den USA und Europa wurden in den letzten Jahren gigantische Kapazitäten an erneuerbaren Energie errichtet. In den Schwellenländern fehlt es hingegen an Geld und am politischen Willen. Doch nur wenn alle - auch das kleine Österreich - noch mehr zur Dekarbonisierung beitragen, kann man den für die Menschheit verheerenden Temparaturanstieg eindämmen.

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