Die Kunst, Reformen zu verweigern
- manfredschumi
- vor 5 Tagen
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Alle Experten bestätigen es: Eine der tieferen Ursachen für die wirtschaftliche und budgetäre Misere im Land sind die Doppel- und Dreifachgleisigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden, die furchtbar viel Geld kosten. Selbst der Regierung wohl gesonnene Medien konnten ihre Enttäuschung kaum verhehlen, als das "Ergebnis" des neuen Anlaufs zu einer Föderalismus-Reform bekannt wurde: Nämlich die Ankündigung, dass man sich dafür 18 Monate Zeit nimmt. Das klingt wie eine gefährliche Drohung. Man setzt offenbar darauf, dass sich viele nicht mehr erinnern können.

Vor 22 Jahren wurde nämlich ein so genannter "Österreich-Konvent" ins Leben gerufen. Unter der Leitung des früheren Rechnungshof-Präsidenten Franz Fiedler sollten Bund und Länder zu einer besseren Aufgabenverteilung kommen, wodurch sich enorme Summen sparen ließen. Sogar die Verfassung, in der das festgeschrieben ist, wollte man erneuern. An Bord befanden sich alle relevanten Kräfte Österreichs: Vertreter der Parlamentsparteien, der Länder, des Städte- und Gemeindebundes, Höchstrichter, Sozialpartner und Experten des Rechnungshofes. 19 Monate dauerte der Konvent. 44 Sitzungen des Präsidiums fanden statt, 17 Plenar- und 172 Ausschuss-Sitzungen wurden registriert.
Herausgekommen ist - richtig geraten - so gut wie gar nichts. Die wichtigsten Ziele wurden klar verfehlt, zu diesem Schluss kam Jahre später ein Rechnungshofbericht. Manche nannten es ein Paradebeispiel für die Reformunwilligkeit der Länder. Andere zuckten mit den Schultern und meinten, dass eine große Mehrheit der Österreicher nicht will, dass etwas passiert. Niemand war gewillt, Macht abzugeben. Der Wunsch, dass z. B. die Länder Kompetenzen an den Bund abgeben, damit dieser die Verwaltung straffen könnte, blieb ein Traum genauso wie die Idee (die es bis heute gibt!), den Ländern die Steuerhoheit für bestimmte Abgaben zu übertragen, weil sie dann sparsamer wirtschaften würden.
Also blieb es dabei, dass zwei voll ausgerüstete Spitäler nur 20 Kilometer voneinander entfernt stehen, weil Landesgrenzen dazwischen stehen. Es blieb dabei, dass der Bund nicht weiß, welche Sozialhilfen in welcher Höhe Länder und Gemeinden vergeben und es dadurch zu Doppel- und Mehrfachgleisigkeiten kommt. Bei den Förderungen bietet sich ein ähnliches Bild. Der damalige Präsident des Fiskalrates, Bernhard Felderer, kritisierte die heimische Realverfassung: Es sei nicht gut, "wenn ein Parteivorsitzender des Landes die Liste für die Nationalratswahl bestimmt", weil das die Macht der Länder im Bund absichere.
2007, zwei Jahre nach Ende des Konvents, setzte die damalige Regierung eine weitere Arbeitsgruppe zur Staats- und Verwaltungsreform ein. 2009 hörte sie mit ihrer Arbeit auf, weil ihre Ideen nicht umgesetzt wurden. Man schrieb sogar einen Brief an die Regierung, ob man weiter Vorschläge erarbeiten sollte, wenn diese keine Chance auf Umsetzung haben. Das einzige, was heute noch an den Österreich-Konvent erinnert, ist eine Website (konvent.gv.at), die noch immer online ist. Aufgrund dieser Erfahrungen darf man wirklich gespannt sein, was zum Thema Föderalismusreform in den nächsten 18 Monaten passiert und ob das mehr hergibt als die eine oder andere Ankündigungs-Schlagzeile.
Der einzige markante Unterschied zum früheren Versuch ist das Diktat der leeren Kassen. Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, ist man vielleicht eher geneigt, Reformen anzugehen, die man früher immer verweigert hat. Doch von angehen bis beschließen und gar umsetzen ist es ein weiter Weg, den in Österreich noch kaum jemand bereit war zu gehen. Wenn man in 18 Monaten das gleiche Fazit zu ziehen müsste wie 2005, wäre das ein Beweis dafür, dass Politiker nichts dazulernen. Aber es wäre wirklich ein großes Wunder, wenn es ausnahmsweise anders kommen würde.
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