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Autorenbildmanfredschumi

Warum die Pensionsreform nach der Wahl schwierig wird


Die heiße Kartoffel Pensionsreform
Eine Pensionsreform ist wie eine heiße Kartoffel, die niemand anrühren will.


31 Milliarden Euro sind ein Menge Geld. Es ist mehr als ein Viertel der gesamten Budgeteinnahmen. Soviel kostet uns Steuerzahler nächstes Jahr wohl das Kapitel Pensionen: Darin enthalten sind die Zuschüsse zu den ASVG-Alterspensionen und die Gesamtkosten für die Ruhegenüsse der Beamten. Die hohe Inflation und die dadurch bedingten entsprechenden Anhebungen der Renten haben die früheren Prognosen zur Makulatur gemacht. Weil jetzt die Babyboomer-Generation in die Pension drängt, steigt die Zahl der Bezieher stärker an. Kein Wunder, dass die Gesamtkosten jedes Jahr zweistellig steigen. Schon bald wird der Spaß 35 Milliarden Euro im Jahr kosten, das wird jedem Finanzminister Schweißperlen auf die Stirn treiben.


Am meisten regen sich diejenigen auf, die gar nicht betroffen sind


Denn das Thema ist eine "heiße Kartoffel" in der heimischen Innenpolitik, die niemand anrühren will. Wer immer es laut ausspricht, dass man leider schon wieder eine Pensionsreform machen muss, bekommt den Zorn der Interessenvertreter und der Pensionisten zu spüren. Das ist eigentlich seltsam und unverständlich. Denn in der Regel treffen Änderungen im System die Jüngeren, die dann später oder unter ungünstigeren Voraussetzungen in den Ruhestand gehen können, längere Übergangsfristen gibt es sowieso. Die schon in Pension befindlichen wären nur dann involviert, wenn man z. B. die jährlichen Erhöhungen aussetzen oder reduzieren würde. Das traut sich kein Politiker, schließlich sind die Älteren die größte Wählergruppe.


Apropos Trauen: Schon vor Jahren haben die Parteien versucht, die "heiße Kartoffel" anderen umzuhängen. Getreu dem Motto "wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis". Die so genannte "Alterssicherungskommission" wurde geboren. Man hat sie mit unterschiedlichen "Experten" aus allen möglichen Lagern (Beamte, Sozialpartner, Wirtschaftsforscher, Ex-Politiker) besetzt. Das führte natürlich dazu, dass dort extreme Meinungen aufeinanderprallten. Da waren einmal diejenigen, die Probleme wie die steigende Lebenserwartung schlicht negierten und darauf beharrten, dass die Pensionen für alle Zeiten sicher sind und im übrigen der Staat die Verpflichtung hat, für Finanzlöcher aufzukommen. Andere wiederum plädierten für Anpassungen beim Antrittsalter oder das Schließen von Schlupflöchern für Frühpensionen.


Die "heiße Kartoffel" wurde an eine Gruppe Experten weitergereicht


Wie sich das System in der Zukunft entwickelt hängt stark von der Zahl der Beschäftigten (=Beitragszahler), dem Wirtschaftswachstum oder der Inflation ab. Da das schwer voraussehbar ist, kann man herrlich ewig darüber streiten, wie die Auswirkungen auf das Pensionssystem sind. In der erwähnten Kommission war es daher besonders schwer, auch nur auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu kommen. Und die Regierung freute sich, dass es keine allzu konkreten Vorschläge gab. Das führte schließlich dazu, dass der langjährige Vorsitzende der Alterssicherungskommission, der Sozialexperte Walter Pöltner, im Vorjahr entnervt das Handtuch warf.


Mit einiger Verzögerung wurde mit Christine Mayrhuber vom Wifo eine Nachfolgerin ernannt, von der man bis dato keine allzu radikalen Äußerungen zum Pensionsthema gehört hatte. Die aktuell Verantwortlichen wie etwa Finanzminister Magnus Brunner hatten eine lapidare Antwort parat, wenn die auf die Dringlichkeit von Reformen bei den Pensionen angesprochen wurden: Das stehe nicht im Koalitionspapier mit den Grünen, daher sei es eine Sache der nächsten Legislaturperiode.


Die heiße Kartoffel weiterzureichen ist der natürliche politische Reflex. Doch mittlerweile drängen seit Monaten alle namhaften Experten von Christoph Badelt (Fiskalrat) über Gabriel Felbermayr (Wifo), Holger Bonin (IHS) oder Johannes Kopf (AMS) auf eine Pensionsreform. Letzte Woche überraschte sogar die neue Vorsitzende der Kommission, Christine Mayrhuber, im Alleingang mit dem Vorschlag, das Pensionsalter um zwei Jahre anzuheben. Die Fachleute wissen, dass es ohnehin lange dauere, bis Änderungen im System umzusetzen sind. Ganz abgesehen von der schwierigen politischen Entscheidungsfindung braucht es lange Übergangsfristen. Die Angleichung des Pensionsalters der Frauen an dasjenige der Männer ist auf zehn Jahre erstreckt (bis 2033). Und vorher dauerte es schon ewig vom gesetzlichen Beschluss bis zum Beginn der Anpassung 2024.


Österreich bleibt immer noch ein Pensionsparadies, auch nach den Wahlen


Österreich ist immer noch ein Pensionsparadies im internationalen Vergleich. Im Schnitt geht man hier mit 61 in den Ruhestand. In Deutschland sind es 63,7 Jahre (Männer), in Schweden 65, sogar in Italien 63. Auch die so genannte "Nettoersatzrate", also wieviel Prozent vom aktiven Gehalt man als Pension bekommt, ist bei uns mit über 70% sehr hoch, in Deutschland sind es nur 43%. Dem ständigen Gerede von der "Altersarmut" muss man dagegen halten, dass die Mindestpensionen und überhaupt alle niedrigeren Renten seit Jahren überdurchschnittlich erhöht werden. Trotzdem bleibt eine Pension eine Versicherungsleistung, bei der man je mehr herausbekommt, desto mehr man einbezahlt hat.


Um das System für die nächsten Generationen überlebensfähig und finanzierbar zu machen muss die Regel gelten: Wer länger lebt, muss auch länger arbeiten (können). Wenn ein 80-jähriger in der Regel 45 Jahre vom Staat lebte und nur 35 Jahre berufstätig war, dann ist was faul im Staate Österreich. Je rascher man sich auf eine Reform einigt, die das Antrittsalter nach oben bringt, desto behutsamer kann man die Änderungen durchführen. Doch ob das politisch gelingt, ist äußerst fraglich. Schließlich reden da auch Parteien mit, deren ständiger Reformvorschlag es ist, die abschlagsfreie Frühpension für alle wieder einzuführen...

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