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Autorenbildmanfredschumi

Wie die Strabag zum Russen Deripaska kam und ob sie ihn wieder los wird

Aktualisiert: 8. Mai

Hanspeter Haselsteiner ist ein Unternehmer mit Visionen. Als der heute 80-jährige noch persönlich an der Spitze der Strabag stand, wollte er den Baukonzern zur Nummer Eins in Europa machen. Das sollte gelingen, indem man in großem Stil im größten Markt des Kontinents Fuß fast. Denn die Wirtschaft in Osteuropa boomte in den Nuller-Jahren nicht nur in den neuen EU-Mitgliedern, auch in Russland. Raiffeisen, Partner Haselsteiners in der Strabag, hatte dort hervorragende Kontakte und eine eigene Bank vor Ort.



Wie die Strabag den Russen Deripaska wieder loswerden will
Oleg Deripaska (55) zählt inzwischen nicht mehr zu den reichsten der Welt...


Man näherte sich dem damals im Westen wenig bekannten Oligarchen Oleg Deripaska an. Der besaß über seine Industrie-Gruppe Basic Element nicht nur den zweitgrößten Aluminiumhersteller der Welt (Rusal), sondern auch Bauunternehmen wie z. B. den russischen Straßenbau-Konzern Transstroy. Im Jahr 2007 - laut Forbes war Deripaska damals unter den Top 20 der reichsten Männer der Welt - stieg er schließlich über seine Rasperia Holding bei dem österreichischen Baukonzern mit 25% ein. Gemeinsam mit der Haselsteiner-Stiftung und Raiffeisen NÖ wurde ein Eigentümer-Syndikat gebildet.


Aus dem geplanten Einstieg in Deripaskas Firmen wurde nichts


Drei Jahre später zahlte die Strabag 70 Millionen Euro als Anzahlung für eine 26%-Beteiligung an Transstroy mit einer Option auf Aufstockung. Olympia 2014 in Sotchi stand vor der Tür mit jeder Menge an Großaufträgen für die Baubranche. Haselsteiner und Deripaska luden sogar österreichische Medien ans Schwarze Meer ein, um die Vision der künftig noch engeren Partnerschaft vorzustellen. Dort wurden auch die Manager der russischen Baufirmen vorgestellt - durchwegs Amerikaner oder Europäer in Deripaskas Sold. Kein Wunder, dass beim folgenden Börsegang der Strabag die "Russland-Fantasie" eine preistreibende Rolle spielte.


Doch in Folge kam es zur großen Ernüchterung. Die Strabag-Manager sammelten Erfahrungen, wie es in Putins korruptem Reich wirklich "funktionierte". Große Skepsis machte sich breit, schließlich stieg man kräftig auf die Bremse: Der Einstieg in Deripaskas Baufirmen wurde wieder abgeblasen. Projekte der Strabag in Moskau wurden noch fertig gebaut, aber das Neuengagement deutlich zurückgefahren. Als der Oligarch und Putin-Freund nach dem Einmarsch Putins in die Krim 2014 gar auf einer US-Sanktionsliste landete, war erstmals Feuer am Dach. Die Dividenden an die Rasperia Holding wurden eingefroren.


Die Trennung vom Russen wäre ein Segen für den heimischen Bauriesen


In weiterer Folge bemühte sich Haselsteiner erfolglos um einen Rückkauf der russischen Anteile. Der Baukonzern fuhr danach sein Russland-Engagement deutlich herunter, schon vor dem Ukraine-Krieg betrug es bereits weniger als ein Prozent der Bauleistung. Mit Putins Einmarsch in das Nachbarland eskalierte die Situation: Die Beteiligung eines Russen wurde speziell in Osteuropa zu einem Riesenproblem, weil viele Auftraggeber nichts mit einer Firma zu tun haben wollten, die so einen Großaktionär hat. In Polen z. B. wurden sogar Arbeiter auf Baustellen attackiert. Der Syndikatsvertrag mit Rasperia wurde gekündigt.


Aufgrund der Sanktionen wurden die Deripaska-Aktien eingefroren, er darf nicht darüber verfügen. In einer komplizierten Kapital-Transaktion drückten Haselsteiner und Raiffeisen den Anteil auf unter 25%. Doch man hofft, den ungeliebten Russen los zu werden: Dieser verkaufte sein Paket von einer zypriotischen Holding an eine unbekannte russische Firma ("Iliadis JSC") , die wiederum die Aktien an die Raiffeisenbank International (RBI) weitergeben soll, die so zum Strabag-Aktionär würde. Ob dieser Deal wirklich sanktionskonform ist und letztlich mit Duldung aller involvierten Parteien von Washington bis Brüssel durchgeht, war umstritten. Letztlich kam er nicht zustande, obwohl er ein Segen für den heimischen Bauriesen und seine Aktionäre und wohl auch für die über 60.000 Mitarbeiter in ganz Europa gewesen wäre.


RBI musste den geplanten Deal mit der Strabag schließlich abblasen


Doch zuletzt mehrten sich die Zweifel, dass das wirklich klappt. Der RBI wurde vorgeworfen, dass sie von Putins Krieg profitiert, wenn sie ihre in Russland eingefrorenen Gewinne mittels der Strabag-Aktien in den Westen schaffen könnte. Der Druck auf Raiffeisen, den versprochenen Rückzug aus Moskau endlich umzusetzen, ist größer geworden. Dass dieser nur unter großen Verlusten, die bis in die Raiffeisen-Landesbanken (sie sind die Hauptaktionäre der RBI) hineingehen, möglich wäre, macht die Situation nicht angenehmer.

Also entschloss man sich vor kurzem, den Strabag-Deal wieder abzusagen. Was mit dem 24%-Paket am Bauriesen passiert, das offiziell einer russischen Firma gehört, bleibt Fragezeichen.

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