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Autorenbildmanfredschumi

Pleiten & Personalabbau: Warum der Aufschwung wieder verschoben wird


Auf jede Rezession folgt ein Aufschwung, das lehren uns die Wirtschaftsforscher. Doch selbst diese beginnen immer mehr zu zweifeln, was ihre eigenen Prognosen betrifft. 2023 schrumpfte das BIP um 0,8%. Für 2024 wurden die Erwartungen vor kurzem nach unten korrigiert in Richtung "Nullwachstum" (ein schreckliches Wort...) und der lehrbuchmäßige kleine Aufschwung zunächst auf 2025 verschoben. Das Wifo bestätigte inzwischen, dass die Wirtschaft im 2. Quartal stagnierte. Mittlerweile sind auch die mittelfristigen Prognosen sehr ernüchternd: Österreich ist auf der konjunkturellen Kriechspur gelandet.



statt aufschwung gibt es pleiten und personalabbau


Zwei Ursachen sind dafür verantwortlich:


  1. Der private Konsum, der aufgrund der hohen Lohnabschlüsse und der steuerlichen Erleichterungen (Abschaffung der kalten Progression) "anspringen" hätte sollen, bleibt verhalten. Stattdessen legen die Österreicher ihr Geld lieber auf die hohe Kante - die Sparquote liegt laut Wifo bei etwa zehn Prozent. Das ist deutlich mehr als in den Vor-Corona-Jahren (7-8%). Eine Ursache ist die Teuerung, die zu Zurückhaltung führt: Man kauft weniger ein, weil "eh alles so teuer ist". Man gibt im Lokal oder im Urlaub weniger aus, weil die Preise z. B. für Getränke so gestiegen sind. Daher ist es kein Wunder, dass wir heuer eine Rekord-Pleitenwelle sehen. Im Handel erwischt es vor allem Textilketten, in der Gastronomie jene, die aufgrund höherer Preise zu wenig Gäste haben.

  2. Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit: Obwohl die Weltwirtschaft heuer robust wächst (mit über 3%), wirkt sich das bei den heimischen Exporten kaum aus. Ein Vergleich: Zwischen 2020 und 2022 wuchsen die Ausfuhren österreichischer Firmen pro Jahr real um etwa zehn Prozent. 2024 werden gerade einmal 0,7% erwartet. Die Ursachen pfeifen inzwischen die Spatzen von den Dächern - unsere Betriebe haben international massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Hohe Lohnkosten (sie stiegen pro Beschäftigten in Österreich seit 2022 um rund 15 Prozent, im Euroraum um 9,5 Prozent; zudem kam es in Österreich zu einem Rückgang der Arbeitsproduktivität), enormer Aufwand für Bürokratie, dazu hohe Energiekosten, da muss man schon verdammt gut sein, um gegen Konkurrenten aus anderen Ländern mitzuhalten, die billiger anbieten können.


Industrie in der Rezession, Handel von Pleitenwelle bedroht


Wenn der Industrie mit ihren 600.000 Arbeitsplätzen das dritte Jahr in der Rezession droht (so die Prognose der Interessenvertretung), wird sie einen möglichen Aufschwung genauso wenig tragen können wie der private Konsum. Denn die Pleiten im Handel und der Personalabbau in der nicht ausgelasteten Industrie, der längst eingesetzt hat, führen zu höherer Arbeitslosigkeit. Dass sich angesichts dieser Fakten die Ausgabefreudigkeit der Haushalte in Grenzen hält wird wohl niemanden überraschen. Was sollen wir also tun, um unsere Wirtschaft endlich wieder in Schwung zu bringen?


Helfen würde auf jeden Fall, wenn die Inflation deutlich zurückgeht und in Folge die Zinsen sinken würden. Äußerste Zurückhaltung bei den nächsten Lohnrunden würde verhindern, dass Österreich eine neue eigene Teuerungsspirale in Bewegung setzt. Mehr Wettbewerb in der Energiebranche (Fernwärme als mahnendes Beispiel, wo es nur Hochpreis-Monopole gibt) könnte dort die Kosten eindämmen. Der Staat als oberster Preistreiber müsste seinen Gebührenstopp verlängern (und dafür sorgen, dass das auch bei den Ländern und Gemeinden gilt).


Kann die Politik dem Wachstum auf die Sprünge helfen?


Einige Wirtschaftsexperten haben schon das hässliche Wort "Sparpaket" in den Mund genommen. Sie haben absolut recht, auch wenn das unbeliebt ist und vor allem vor einer Wahl kein Politiker hören will. Denn die Staatsausgaben sind aus dem Ruder gelaufen. Obwohl wir einer der höchsten Steuerquoten in Europa haben, wird das Budgetdefizit die 3%-Grenze überschreiten und uns demnächst ein Defizitverfahren der EU bescheren. Daher gibt es aktuell keinen Spielraum, um Maßnahmen zu finanzieren, die das Wachstum ankurbeln könnten. Dass z. B. eine spürbare Senkung der Lohnnebenkosten quasi gratis ist, weil die positiven Effekte daraus zu Mehreinnahmen für den Staat führen, ist ein Märchen aus 1001 Nacht. Das gilt auch für die Fantasien, dass man nur die Reichen mehr besteuern muss, um für mehr Wohlstand bei allen zu sorgen.


Es gibt sicher genug kluge Köpfe, die Ideen haben, wie man einen Aufschwung durch politische Maßnahmen sinnvoll unterstützt. Doch bei all den ideologischen Gegensätzen unserer Parteien ist zu befürchten, dass der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sie sich nach den Wahlen vielleicht einigen werden, zu wenig sein wird. Österreich ist noch immer eines der reichsten Länder in Europa. Wir können noch lange von der Substanz leben. Aber es wäre traurig, wenn wir weiter zuschauen müssten, wie wir von anderen überholt werden, die schneller und besser auf die Herausforderungen in diesen instabilen Zeiten reagieren.

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