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Worum es den Politikern wirklich geht

Schön langsam fragt sich das ganze Land, woran es bloß liegt, dass in Österreich nicht wirklich etwas weitergeht: Fast jede Woche mahnen Experten aus allen möglichen Lagern, dass man endlich die wirklich großen Brocken angehen müsste, die den Staat lähmen und verhindern, dass Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand sich wieder positiv entwickeln.


Eine einfache Erklärung dafür ist, dass echte Reformen immer jemandem wehtun. Gemeint sind in diesem Fall nicht die Bürger, sondern jene, die das alles beschließen sollen. Sie sind ebenfalls betroffen. Sie verlieren Macht und Einfluss, sie verlieren Kontrolle über Geldmittel, sie verlieren Bedeutung in der politischen Pyramide des Landes. Das ist die größte Hürde, wenn es darum geht, die Reformen beim Föderalismus, bei den Pensionen, bei der Bildung, der Gesundheit, dem Bürokratie-Abbau und anderen großen Brocken umzusetzen.


reformen im schneckentempo

Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich ein Gespräch mit einem guten Bekannten, der eine Zeitlang im Umfeld der Bundesregierung tätig war und sich schließlich frustriert abgewendet hat. "Weißt du," so seine Bilanz, "in Wahrheit geht es den Politikern nicht um das Land, sondern nur darum, die eigenen parteipolitischen Ziele möglichst hartnäckig zu verfolgen, um für die nächsten Wahlen Punkte zu sammeln." Das gilt vermutlich umso mehr, je schlechter die Umfragewerte der Partei XY sind. Das gilt auch mehr, je näher irgendwelche Wahlen rücken. Zu Beginn der Dreier-Koalition wurde oft erwähnt, dass sie jetzt nahezu "frei Hand" hätte, weil zwei Jahre lang keine größeren Urnengänge geplant sind. Dieses Zeit ist jetzt zur Hälfte verstrichen und man hat sie (noch?) nicht genutzt.


Bei den großen Reformen steht die Politik sich selber im Weg


An dieser Stelle ein kommen wir zum Faktencheck: Die Föderalismus-Reform, die der Knackpunkt für Einsparungen und ein effizienteres Regieren ist, droht wieder einmal zu einer Farce zu werden. Das Einsetzen von Arbeitsgruppen, die irgendwann irgendwelche Ergebnisse liefern, ist zu wenig. Denn ohne die Neuregelung der Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wird keine der anderen großen Reformen gelingen, weil sonst von den üblichen Verdächtigten blockiert wird. Da sah man zuletzt bei dem netten Versuch, erste homöopathische Maßnahmen zum Bürokratie-Abbau zu präsentieren. Auf Nachfrage musste der zuständige Staatssekretär Schellhorn zugeben, dass er bei manchen Punkten machtlos sei, weil das in die Länderkompetenz falle. Bei anderen bräuchte man für eine Änderung eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Ein gordischer Knoten, den es zu durchschlagen gilt. Die Opposition will aus Prinzip den Regierenden keinen Erfolg gönnen und blockt in der Regel ab. Auch ihr sind Partei-Interessen wichtiger als Sachthemen.


Dazu noch ein paar Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: Die Erkenntnis, dass das sündteure Gesundheitssystem eine "Finanzierung aus einer Hand" braucht statt des ewigen Streits zwischen Kassen, Bund, Ländern und Ärztekammern um die Finanztöpfe, ist unbestritten. Auf einmal stellt sich der (rote) Obmann der ÖGK hin und sagt frisch von der Leber weg, dass er dagegen ist. Der wahre Grund? Weil natürlich die Funktionäre der Selbstverwaltung Einfluss verlieren würden.


Bei den Pensionen waren sich alle rasch einig, dass man das gesetzliche Pensionsalter nicht anrührt, obwohl das (fast) überall in Europa schon angehoben wurde. Das Motiv liegt auf der Hand: Mit Widerstand der Seniorenverbände (warum eigentlich?) und der Gewerkschaften wäre zu rechnen gewesen, das hat man sich vorerst erspart und das Problem auf die lange Bank geschoben.


Das Budget-Problem und der damit verbundene stete Anstieg der Staatschuldenquote könnte nur durch nachhaltige Einsparungen vernünftig gelöst werden. Doch stattdessen werden Gebühren hinaufgeschnalzt (auch auf Gemeindeebene!) und höhere Steuern gefordert. Von einem deutlichen Schnitt z. B. bei den Förderungen hört man wenig. Kein Wunder, denn das würde immer eine bestimmte Klientel treffen (z. B. Bauern, Pendler usw.), die gewissen Parteien wichtig ist. Wer geglaubt hat, dass aufgrund der leeren Staatskassen jetzt endlich die großen Reformen kommen würden, hat sich offensichtlich geirrt.



 
 
 
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