Damit hier keine Illusionen aufkommen: Die Vorstellung, das man mit einer Vermögens- oder Millionärssteuer, die nur die "Superreichen" in Österreich trifft, das Budget sanieren oder neue soziale Wohltaten finanzieren kann, ist ein Märchen. Abgesehen davon, dass Kapital sehr schnell in (legalen) ausländischen Schlupflöchern verschwinden kann, ist auch im Inland die Kontrolle einer derartigen Steuer ein enormer bürokratischer Aufwand. Das war der Hauptgrund, warum dereinst ein sozialdemokratischer Finanzminister die Vermögenssteuer abgeschafft hat. Egal, wer in Zukunft in Österreich regiert, ein Comeback dieser Steuer wird es unter einer neuen Regierung nicht geben.
Das ändert aber nichts daran, dass man die Reichen zur Kasse bitten sollte. Idealerweise sollte das so passieren, dass sie überall erfasst werden, egal in welchem Land sie Geld anlegen oder parken. Dazu lohnt sich ein Blick in den "Globalen Steuerfluchtreport 2024", der von einer EU-Einrichtung herausgegeben wird. Darin geht es um drei Arten der Steuerhinterziehung:
Große global tätige Konzerne wie Apple oder Google verschieben ihre Gewinne in Steueroasen und ersparen sich so Milliarden.
Das Vertuschen von Vermögen Privater durch das Parken auf heimlichen (z. B. Schweizer) Bankkonten oder in anderen Steueroasen. Laut dem Ökonomen Gabriel Zucman, Leiter der EU-Steuerbeobachtungsstelle, wurden zehn Prozent des weltweiten BIP (!) auf diese Weise zurückgehalten. 2018 hat man den automatischen Informationsaustausch zwischen Staaten eingeführt und geschätzt so seither zwei Drittel der Summen erfasst.
Superreiche verwenden Briefkastenfirmen, Holdinggesellschaften und Trusts, damit sie am Papier mit gewissen Vermögen nichts zu tun haben. Meist handelt es sich um eine Grauzone "zwischen legaler Steuervermeidung und einem Verheimlichen von Reichtum" (Zucman). Ziel ist, sowenig Einkommensteuer wie möglich zu zahlen.
Der mühsame Kampf gegen die Steueroasen auf dieser Welt
Seit mehreren Jahren wird schon versucht, gegen diese Praktiken vorzugehen. Das kann natürlich nur weltweit passieren, und damit sind wir beim größten Problem. Zwar wurde versucht, durch politischen Druck gewisse Steueroasen zu mehr Zusammenarbeit zu bewegen. Doch bei manchen Ideen blockieren große Länder wie etwa die USA, die in einigen ihrer Bundesstaaten (am bekanntesten ist Delaware) ungeniert Steuerprivilegen gewähren, die Konzerne auch aller Welt anziehen.
Als großen Erfolg versucht man zu verkaufen, dass sich 137 Staaten vor einiger Zeit weltweit auf einen Mindestsatz bei der globalen Unternehmensbesteuerung von 15% geeinigt hatte. Das ist schon paradox wenn man bedenkt, dass z. B. in Österreich ein offizieller Körperschaftssteuersatz von 23 Prozent gilt. Doch seit heuer trifft die Mindestbesteuerung global tätige Konzerne mit einem jährlichen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro. Sie müssen sämtliche Gewinne zukünftig weltweit mit 15 Prozent versteuern – und zwar unabhängig vom Standort des Unternehmens. Ob die Schätzungen stimmen, dass dadurch jährlich Mehreinnahmen von bis zu 150 Milliarden Dollar zu erwarten sind? Man wird sehen...
Erbschaftssteuern sind beliebt, bringen aber keine allzu hohen Einnahmen
Der zweite Hebel, um die Reichen zur Kasse zu bitten, sind Erbschaftssteuern. 19 von 27 EU-Staaten heben eine solche ein. Die Höhe variiert je nach Land und Region, dem Wert des geerbten Vermögens und dem Grad der familiären Nähe zwischen dem Verstorbenen und dem Erben. Es gibt auch Freibeträge bis zu einer bestimmten Höhe der Erbmasse. In Deutschland wird gerade heftig diskutiert, dass enge Verwandte künftig weniger zahlen und dafür bei großen Vermögen mehr zugelangt wird. Doch im Schnitt machen die Erträge aus dieser Steuer kaum mehr als 1% des gesamten Steueraufkommens aus. Damit kann ebenfalls wohl kaum ein Budget sanieren. Aber es mag sein, dass es gerecht ist, dass der Fiskus hier mitnascht.
Bei Grund und Boden könnte der Fiskus stärker den Hebel ansetzen
In Österreich argumentieren die Gegner, dass Vermögen, das vererbt wird, bereits versteuert ist und der Staat nicht das Recht hat, ein zweites Mal zuzulangen. Doch wenn man auch darauf verzichtet, stellt sich die Frage, wie man die "Reichen" dann "erwischen" kann. Immer wird tauchen in dieser Diskussion dann die auf. Erstere wird auf alle Immobilien eingehoben, sie ist aber sehr gering und meist in den Betriebskosten "versteckt". Die Grunderwerbsteuer fällt bei jedem Verkauf einer Immobilie an und auch beim Vererben. Hier könnte man mit einer Anhebung der Sätze oder der Bemessungsgrundlage (aktuell ist es der niedrige Einheitswert) die Einnahmen erhöhen, was wohl vor allem vermögendere Mitbürger treffen würde.
Im letzten Jahr betrugen die Einnahmen des Bundes aus der Grunderwerbsteuer rund 1,3 Milliarden Euro. Daran sieht man schon, dass selbst eine (wohl unrealistische) Verdoppelung nicht für eine Budgetsanierung ausreichen würde. Allein das Defizit 2024 wird wohl bei über 15 Milliarden Euro liegen. Die Moral von der Geschicht´: Selbst wenn man die "Reichen" zur Kasse bittet, kommt man um tiefe Einschnitte bei den Ausgaben nicht herum, wenn man das Defizit drücken will. Denn es braucht mehr finanziellen Spielraum bei Bildung, Pflege, Gesundheit usw.. Dazu kommt: Da die Steuerbelastung in Österreich ohnehin auf einem Rekordhoch ist, wird das Verständnis in der Bevölkerung für das Erfinden neuer Staatseinnahmen sehr gering sein.
Comments