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Pensionen: Lieber zahlen statt reformieren

Aktualisiert: vor 3 Tagen

Alle zwei Jahre erstellt die OECD einen ausführlichen Pensionsbericht ("Pensions at a glance") über die Situation in ihren 38 Mitgliedsstaaten. Es wird niemanden verwundern, dass Österreich auch diesmal wieder in vielen Punkten besonders schlecht abschneidet. So ist die Zahl der 55-64-jährigen, die im Berufsleben stehen, bei uns um 25-30 Prozent niedriger als im OECD-Schnitt. Wir sind da auf einer Stufe mit Polen und der Türkei. In vielen anderen Ländern ist der Unterschied zu den 25-55-jährigen in der Beschäftigung nur bei rund zehn Prozent.


Österreich hat ein pensionsproblem

Das effektive Pensionsantrittsalter liegt international bei 64,7 Jahren, bei uns bei knapp über 61. Dass Frauen um ein Drittel weniger Rente bekommen als Männer ist ebenfalls ein trauriges Faktum. Es hat mehrere Ursachen: Da das gesetzliche Antrittsalter für die weibliche Bevölkerung lange bei 60 Jahren war und erst jetzt bis 2033 auf 65 ansteigt, haben Frauen oft weniger Beitragsjahre und daher weniger am Pensionskonto. Teilzeit-Beschäftigung erhöht diesen Effekt ebenfalls und natürlich der Umstand, dass weibliche Mitarbeiter in manchen Branchen schlechter bezahlt werden.


Dass man angesichts der gestiegenen Lebenserwartung auch das Pensionsantrittsalter hinaufsetzen müsste, ist die logische Folge und geschieht in den meisten Ländern. Natürlich gibt es lange Übergangsfristen. Künftig wird man für einen Ruhestand ohne Abschläge bis 67 arbeiten müssen (z. B. in Deutschland, Belgien, Tschechien) oder bis 68 (Finnland, Portugal), mancherorts gar bis 70 (Schweden, Niederlande, Italien) oder sogar noch länger (Dänemark). Österreich zählt zu jenen, die sich das politisch nicht trauen. Vordergründig geht es hier um die Angst, Wählerstimmen zu verlieren. Denn Pensionisten und jene, die es bald werden, sind die größte Wählergruppe, die man keinesfalls verärgern will. Kurios ist, dass sich darüber vor allem die Älteren aufregen, die das ohnedies nicht mehr treffen würde. Jüngere akzeptieren das eher, wohl weil ihr Ruhestand noch weit weg ist.


Die Linie der Regierung, man würde zunächst einmal versuchen, das effektive Antrittsalter näher zum gesetzlichen hinzubringen, verursacht bei Experten nur Kopfschütteln. Denn mit dem vorliegenden Schneckentempo - man wartet wieder jahrelang, ob sich etwas verändert - wird es nicht gelingen, das Pensionsproblem auch nur annähernd nachhaltig zu lösen. Schließlich explodieren die Kosten des Staates für die Finanzierung des Pensionssystem bis 2030 von jetzt knapp über 13 auf 15 Prozent unserer Wirtschaftsleistung (BIP), damit liegen wir unter den OECD-Staaten im absoluten Spitzenfeld. Andere Industrienationen kommen mit der Hälfte aus!


Warum der Staat alleine fast die gesamten Pensionskosten trägt


Eine Ursache ist, dass wir uns im Unterschied zu anderen Ländern eine hohe "Nettoersatzrate" leisten, also die staatliche Pension über 80% des letzten Einkommens ausmachen kann (bis zu einer Obergrenze). In Deutschland sind es z. B, 48% und da wird gerade heftig diskutiert, ob das noch leistbar sei. Um auf ein ähnlich hohes Einkommen wie in Österreich zu kommen, brauchen Rentner in anderen Ländern eine private Zusatzpension, in die sie selber oder ihr Arbeitgeber einbezahlt haben. Das gibt es zwar auch bei uns, aber der Anteil der so genannten "zweiten" und "dritten" Säule ist hierzulande viel niedriger als in jenen Staaten, wo manchmal Firmen dazu verpflichtet sind, in ein betriebliches Pensionssystem einzuzahlen (etwa in der Schweiz). Dazu gibt es z. B. staatliche Förderungen und Abschreibemöglichkeiten und das alles entlastet den öffentlichen Haushalt.


Pläne zu diesem Thema standen in Österreich zwar schon in vielen Regierungsprogrammen, es wurde aber kaum etwas umgesetzt. Schuld waren die ideologischen Scheuklappen von Politikern und Interessenvertretungen, die stets trommeln, dass die Pensionen nicht dem Kapitalmarkt (ein furchtbarer Spekulantenort...) ausgesetzt werden dürfen. Also überließ man es dem Staat, ständig mehr einzuzahlen, um die Pensionen zu "sichern". Daher haben wir eine der höchsten Steuerbelastungen und ein Riesenloch im Budget, das mit einem bald 30 Milliarden Euro schweren Rucksack für Pensionsleistungen kaum sanierbar ist.


Natürlich ist es nicht so simpel, dass man an der Schraube des Pensionsalters dreht und alles wird gut. Neben einer Forcierung der privaten Pension braucht es auch Maßnahmen am Arbeitsmarkt, um zu verhindern, dass ältere Mitarbeiter aus Kostengründen gekündigt werden und keinen Job mehr kriegen. Das ist allerdings kein Argument gegen das Anheben des Antrittsalters: Denn in anderen Ländern hat das auch funktioniert, ohne dass die Arbeitslosigkeit bei über 50-jährigen explodiert ist.


Fiskalrats-Chef Christoph Badelt hat es vor kurzem sehr treffend formuliert: Man muss sich zuerst auf den politischen Willen für eine Reform einigen und dann die Schritte festlegen. Nur mit Absichtserklärungen und homöopathischen Maßnahmen wird man kein nachhaltiges Pensionssystem in Österreich schaffen und das Budgetproblem bis zum Sankt Nimmerleinstag prolongieren.

 
 
 

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