Zuviel Bürokratie, zu wenige Entscheidungen. Das ist das Bild, das Europa oft nach außen abgibt. "Einfallslos, überfordert, abgehängt" titelte vor kurzem das "Handelsblatt" über den Wettbewerb gegen China und die USA. Eine Vereinigung von 27 demokratischen Staaten tut sich natürlich viel schwerer als eine Diktatur oder eine einzelne wirtschaftliche Großmacht. In Brüssel ist man in vielen Fällen auf Einstimmigkeit unter den Mitgliedern angewiesen. Da könnte man nur durch eine Änderung der Verträge Abhilfe schaffen, und dazu müssten alle zustimmen...
Die EU hat Pläne, die USA haben das Kapital
Nehmen wir das Thema künstliche Intelligenz (KI). Diese neue Technologie wird unser Leben noch einmal komplett verändern, heißt es. Dabei sind die USA führend, dort sitzen nahezu alle großen "Player", die führend in der Entwicklung sind. Das weiß auch die EU und hat schon seit 2018 Pläne entwickelt, damit hierzulande mehr Geld in die KI und die dazu gehörende Forschung gesteckt wird. Doch die Realität sieht so aus, dass sich der Abstand zu den USA verdoppelt hat. Dank der Riesen wie Microsoft, Google oder Nvidia wurden im Vorjahr 63 Milliarden Euro in die KI investiert, in der EU und Großbritannien zusammen waren es gerade einmal 9 Mrd. €. Der Börsenwert von Nvidia, das bei der Herstellung von Chips für die KI führend ist, liegt bei 2800 Milliarden Dollar, das ist z. B. mehr als der Wert des gesamten deutschen Aktienmarktes. Nur die größten können sich teure Rechenzentren leisten, um komplexe KI-Modelle zu trainieren.
Beim Kampf gegen den Klimawandel ist noch Luft nach oben
Beim zweiten großen Thema, der Energiewende, sieht Europa ebenfalls "alt" aus. Der "Green Deal" der Kommission mag der richtige Weg sein, doch man wirft sich mit ausufernder Bürokratie und halbherziger Umsetzung selber Prügel zwischen die Beine. China investierte 2023 rund 500 Milliarden Euro in klimafreundliche Technologien, Europa 165 Mrd. € und die USA 130 Mrd. €. Rechnet man die Investitionen in Relation zu den Einwohnern, dann liegen die USA vorne, gefolgt von Japan, die EU ist nur auf Platz drei. Ernüchternd ist dabei, dass Europa einen Großteil der Technologie, die man für die Energiewende braucht (z. B. für Windräder, PV-Anlagen) aus China importieren muss. Über den "Inflation reduction act" fließen in den USA in den nächsten Jahren 370 Milliarden Dollar in saubere Energien, Umweltgerechtigkeit und Klimaschutz. Dabei wird die inländische Produktion massiv gefördert.
Regeln sind nutzlos, wenn es an wirksamen Kontrollen fehlt
Doch wer wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss auch andere Märkte bedienen. Da versucht China, seine niedrigen Lohnkosten und die in einer Diktatur kaum kontrollierbaren staatlichen Subventionen zu nutzen und exportiert seine Produkte zu Preisen, mit denen Erzeuger in der westlichen Welt nicht mithalten können. Die Amerikaner reagieren darauf mit neuen Zölle, z. B. auf Autos made in China. In Europa wird ähnliches überlegt, aber man kann es sich wohl kaum leisten: Denn für die europäische Fahrzeugindustrie ist China inzwischen der größte Markt, sie müsste mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen.
Dafür werden wir mit einer Flut an Billigprodukten aus dem chinesischen Versandhandel überschwemmt. Ali Express, Temu und Shein umgehen dabei die Zollbestimmungen, indem sie die Waren falsch deklarieren. Der Großteil der zwei Milliarden Päckchen, die im Vorjahr nach Europa kamen (heuer werden es noch mehr sein....), verstößt gegen die Regeln. Nur bis zu einem Warenwert von 150 Euro wäre die Einfuhr zollfrei. Man schafft es hier nicht, wirksam zu kontrollieren. Leidtragender ist der stationäre Handel, der ohnedies seit Monaten von einer Pleitenwelle mittelständischer Betriebe erschüttert wird.
Diese Beispiele zeigen, was unser Hauptproblem ist: Österreich und allen anderen europäischen Staaten droht ein weiterer Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Dagegen hilft - auch wenn es viele Skeptiker nicht glauben wollen - nur eine starke EU, die die Rahmenbedingungen schaffen muss, damit sich unsere Betriebe trotz hoher Lohn- und Steuerlasten im globalen Wettbewerb behaupten können und Europa nicht an allen Fronten gegen die USA und China verliert.
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