Wenn das Thema nicht so ernst wäre, könnte man es als "Running Gag" bezeichnen. Immer wenn eine österreichische Regierung Geld in die Hand nimmt, um es an seine Bürger auszuschütten, lauten die ersten Fragen "Wer bezahlt das?" oder "Gibt es eine Gegenfinanzierung?". Wie aus der Pistole geschossen lautet die Antwort meist "Das wird sich durch höheres Wirtschaftswachstum großteils selber finanzieren". Man bezieht sich darauf, dass diverse Experten das natürlich durchgerechnet hätten.
Was heißt das im Klartext? Man nimmt also an, dass jemand, der mehr Geld erhält, dieses auch gleich wieder ausgibt. Da bei jedem Kauf in der Regel Mehrwertsteuer oder andere Abgaben zu zahlen sind, fließt wieder Geld an den Staat zurück. Sehr beliebt ist die Annahme, dass vor allem niedrigere Einkommensbezieher Geschenke vom Staat gleich 1:1 wieder ausgeben. Es mag schon sein, dass es schon oft so gewesen ist und man daher annimmt, dass es immer so sein wird. Da spielt aber auch das Prinzip Hoffnung eine Rolle.
Nur, diesmal ist alles anders. In diesem Jahr sind zwar die Einkommen der privaten Haushalte infolge kräftiger nominaler Lohnzuwächse und diverser Steuerzuckerln (Teil-Abschaffung der kalten Progression, Valorisierung der Sozialleistungen usw.) bei nachlassender Inflation real stark gestiegen. Blöd nur, dass der private Konsum nicht zugenommen hat, wie das die Prognosen vorausgesagt haben. Im ersten Quartal gab es laut IHS immerhin noch ein leichtes Plus, im zweiten sogar einen Rückgang (real gerechnet, also ohne Inflation). Schon 2023 war der private Konsum rückläufig, da bremste der Teuerungsschock bei Energie, Lebensmittel etc. die Kauflust.
Die realen Einkommen steigen, aber das Geld wird nicht ausgegeben
Da die Konsumenten offenbar auch 2024 keine besondere Lust haben mehr auszugeben als nötig, hat das zwei gravierende Folgen:
Statt leichtem Wirtschaftswachstum steckt Österreich in der Rezession fest. Da die Industrie und damit die Exporte schon länger in der Problemzone sind, hoffte man, dass die Bürger durch ihre Mehrausgaben die Konjunktur ankurbeln, was eben nicht der Fall ist.
Da der Staat nun keine Mehreinnahmen aus höherem Konsum hat, muss er die Mehrausgaben, vom Klimabonus über das Wohnpaket bis hin zu diversen Steuererleichterungen, selber finanzieren. Das bedeutet eine Explosion beim Budgetdefizit und eine kräftige Erhöhung der Staatschulden.
Was mit dem Kapital passiert, das die Leute nicht ausgeben, zeigt ein Blick auf die Statistik der Nationalbank: Die Sparquote geht steil nach oben und wird heuer auf über zehn Prozent ansteigen. "Angstsparen" nennen das Experten, wenn die Menschen aufgrund von Unsicherheiten ihr Geld lieber auf die Bank tragen als es auszugeben. Dabei spielt sicher eine Rolle, dass es (endlich wieder!) aufgrund der gesunkenen Inflation einen realen Zinsgewinn bei vielen Anlageformen gibt.
Die Teuerung bremst trotz der Steuergeschenke vom Staat die Konsumlaune
Doch alleine mit den weltweiten politischen Unsicherheiten lässt sich nicht erklären, warum es eine breite Kaufzurückhaltung gibt. Hier kommt die Teuerung ins Spiel. Bei vielen Dingen des täglichen Lebens sind die Preise kräftig in die Höhe gegangen. Das wird durch die höheren Energiekosten und die steigenden Löhne durchaus schlüssig erklärt. Doch die Menschen sind einfach nicht bereit, deswegen tiefer in die Tasche zu greifen. Bei manchen Produkten wie Lebensmitteln hat man keine Wahl. Aber schon die Gastronomie spürt die Zurückhaltung der Gäste im Lokal (falls sie noch kommen). Ob man wirklich neue Bekleidung braucht, wenn der Schrank zuhause eh voll ist? Und bei den Autos weiß man ohnedies nicht genau, ob die E-Autos nicht bald billiger werden und ob es noch Sinn macht, Verbrenner zu kaufen. Der Möbelhandel meldet seit längerem Rückgänge. Auf Urlaub wird schon noch gefahren, aber kürzer und bei den Nebenausgaben (Getränke im Lokal, Ausflüge) wird laut Experten schon länger gespart.
Ob sich das in nächster Zeit wieder ändern wird, darf bezweifelt werden. .Ähnlich ist die Situation in Deutschland, das ebenfalls in der Rezession steckt. Das dortige Wirtschaftsministerium weiß aber schon, wie man das löst: Der starke private Konsum werde 2025 "die Konjunktur stabilisieren", hieß es am 14. Oktober. Na wenn es so einfach ist...
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