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Der Staat muss umgebaut werden, aber rasch bitte!

Es ist was faul im Staate Österreich, das haben mittlerweile wohl alle begriffen. Das dritte Rezensionsjahr in Folge, Schlusslicht in der EU bei den Konjunkturzahlen, hohes Defizit und steigende Verschuldung. Völlig neu? Völlig überraschend? Überhaupt nicht. Denn die wirklich gescheiten Köpfe im Land weisen schon seit Jahren darauf hin, dass sich etwas ändern muss. Der dafür verwendete Begriff von "großen Strukturreformen" klingt leider so abstrakt und technisch, dass sich lange Zeit niemand davon beeindrucken ließ. Ja eh, aber halt nicht jetzt, dachten sich die diversen Regierungen und wurstelten weiter.



Der Staat muss rasch umgebaut werden

Die großen Krisen - von Corona bis zum Ukrainekrieg und seinen Folgen für Energiepreise und Inflation - haben diese Untätigkeit gefördert. Denn man holte sich Beifall von der Bevölkerung und den Medien, indem Geld aus dem Füllhorn ausgeschüttet wurde ("koste es, was es wolle", hieß es großspurig vom damaligen Bundeskanzler). Ohne jegliche soziale Differenzierung wurden Milliarden verteilt. Es kam auch viel zu lange niemandem verdächtig vor, dass Österreich die höchsten Inflationsraten und die höchsten Lohnabschlüsse in der EU hatte. Die fatalen Langzeitfolgen spüren wir jetzt mit einem Rekorddefizit und einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Umso mehr rächt sich, dass es verabsäumt wurde, jene Reformen bei den großen Themen einzuleiten, die seit einer gefühlten Ewigkeit gefordert, aber nicht gemacht werden. Diese können nicht von heute auf morgen wirken, sondern langsam, aber dafür nachhaltig. Aber man muss endlich einmal beginnen.


Reformen im Schneckentempo oder gar nicht


Bisher passierte zu wenig und zu langsam. Ein schönes Beispiel dazu zum Thema Pensionen: Die Zuschüsse aus dem Budget in das "System" lagen Mitte der Neunziger Jahre bei rund 13 Milliarden Euro im Jahr. Mittlerweile sind wir bei über 30 Milliarden und werden bald auf 35 sein. Schon damals fiel auf, dass Österreich eines der ganz wenigen Länder war, die ein unterschiedliches Pensionsalter für Männer und Frauen hatten. Von Gleichberechtigung war da keine Spur. Wer weniger einzahlt, weil er weniger lange arbeitet, bekommt auch viel weniger heraus. Daher wurden Frauen benachteiligt und haben niedrigere Pensionen (dass sie oft zu Unrecht weniger verdienen ist eine andere Geschichte). Tatsächlich einigte man sich zwar 1995 (!) darauf, das Antrittsalter stufenweise anzugleichen. In Kraft trat das Ganze aber erst 2024 (!). Erst im Jahr 2033 wird für alle 65 das gesetzliche Antrittsalter sein.


Bei allem Verständnis für eine notwendige Übergangsfrist war das alles andere als eine politische Glanzleistung. Es zeigt, wie verkrustet die Strukturen in unserem Land sind und wie schwierig tiefgreifende Änderungen. Die von vielen geforderte Anhebung des generellen Antrittsalters z. B. auf 67 müsste man heute schon beschließen, damit sie vielleicht in zehn Jahren zu wirken beginnt.

Ein anderer dicker Brocken ist das Gesundheitssystem, das zwar eine hohe Qualität hat, aber teuer und ineffizient ist. Das einzige, was der neuen Regierung sofort eingefallen ist, war die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten. Doch der wahre Grund für die Kostenexplosion, so trommeln es seit Jahren alle Experten und die Politiker nicken zustimmend, ist die Zersplitterung der Kompetenzen.


Die politische Kraft für eine Föderalismus-Reform fehlt


Bund, Länder und Sozialversicherungen kämpfen vor allem darum, wie sie dem anderen jeweils mehr Kosten aufbürden können. Abhilfe würde eine "Finanzierung aus einer Hand" schaffen. Dieses Schlagwort geistert auch bereits seit Jahrzehnten durch alle Regierungsprogramme, ohne dass wirklich etwas passiert. Zu bemitleiden ist der oder die jeweilige Gesundheitsminister/in. Beim Amtsantritt folgen schöne Worte. Irgendwann kommt jeder drauf, dass er keine ausreichenden Kompetenzen hat und als "Lösung" wird höchstens wieder einmal eine Kommission eingesetzt. Der Föderalismus hat seine Verdienste, aber er verhindert Reformen. Wenn sich daran nichts ändert, wird auch diese Koalition daran scheitern, Österreich voran zu bringen.


Das gilt übrigens auch bei einem weiteren Knackpunkt, den Doppel- und Mehrfachgleisigkeiten bei Förderungen und Sozialleistungen. Optimisten hoffen, dass nach den Wiener Wahlen Ende April zumindest einmal ein Fahrplan für Reformen bei heiklen Punkten wie den soeben besprochenen diskutiert wird. Realisten fürchten, dass die aktuelle Budgetsituation zwar zu neuen Steuererhöhungen und ein paar Einsparungen führen wird. Aber an den großen Brocken wird man sich wieder einmal die Zähne ausbeißen. Das liegt daran, dass eine Bundes-ÖVP zu schwach ist, um gegen (oder mit) den Landeshauptleuten Reformen durchzusetzen und die Babler-SPÖ noch immer glaubt, Steuererhöhungen für Reiche und Konzerne seien ein besseres Mittel.

Einen Vorgeschmack darauf bekam man bereits, als Neos-Staatssekretär Schellhorn vor kurzem forderte, die Länder bei der Budgetsanierung stärker einzubinden. Er wurde gleich von mehreren Landesfürsten öffentlich abgewatscht. So funktioniert Österreich. Daher sind wir zum Schlusslicht in Europa geworden.



 
 
 

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