Es war klar, dass von offizieller Seite Jubel ausbricht, weil die Inflation mit 4,5% in Österreich im Jänner auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2021 fiel. Doch der Blick in das europäische Umfeld lässt jegliche Euphorie rasch verfliegen: Im Schnitt der Eurozone liegt sie bei 2,8%. Wir liegen nach wie vor im Spitzenfeld. Um 7,7% stiegen die Preise bei uns im Jahresschnitt 2023, um 2,8 Prozentpunkte mehr als bei den anderen.
Die Ursachen sind zum Teil hausgemacht, zum Teil strukturbedingt. Ich komme auf sieben entscheidende Punkte:
Der Energiemix in Österreich: Starke Abhängigkeit von Energieimporten (Gas, Öl), kein billiger Atomstrom im Inland (davon profitierte z. B. Frankreich).
Der Dienstleistungssektor (Tourismus) spielt bei uns eine größere Rolle. Dort wurden die höheren Einstandskosten (Energie, Löhne usw.) in die Preise überwälzt.
Die Maßnahmen der Regierung zielten darauf ab, die Kaufkraft zu erhalten durch direkte Hilfen, Zuschüsse an alle usw., was ebenfalls inflationsfördernd war. Das geben auch die Wirtschaftsforscher zu.
Die Lohnabschlüsse hielten sich durchwegs an die alte "Benya-Formel", die das Dogma beinhaltet, dass die Teuerung der letzten 12 Monate mindestens abgegolten werden muss. Das hat eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt, an der viele Branchen zu kiefeln haben, weil sie nicht genug verdienen, um sich die hohen Abschlüsse leisten zu können.
Die öffentliche Hand hat bei allen möglichen Gebühren anfangs ungeniert zugelangt. Als man merkte, wie unsere Inflationsrate zu einer der höchsten in Europa wurde, rief man für 2023 beim Bund einen "Gebührenstop" aus. Doch die Länder und vor allem die Gemeinden hielten sich angesichts ihrer klammen Kassen nicht daran. Müll-, Wasser-, Parkgebühren wurden trotzdem vielerorts teurer.
Der Fluch der Indexierung: Viele Preise und vor allem die Mieten sind in Österreich an den (Verbraucherpreis-)Index gekoppelt, was zu einem ungesunden Automatismus führt. Jeder glaubt auf einmal, er muss seinen Tarif genauso anpassen.
Wenn es Störungen bei den internationalen Lieferketten gibt, trifft das alle gleich. Es kommen nun mal viele Produkte des täglichen Bedarfs oder Bauteile für die Industrie aus Fernost, das schlägt auf die Preise durch.
Die Prognosen für 2024 sehen einen weiteren Rückgang der Inflation vor. Doch der Abstand von Österreich - das Wifo erwartet um die 4% - z. B. zu Deutschland (2,2% laut Ifo-Institut) bleibt dramatisch hoch. Das schadet der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Das betrifft sowohl die Produktion und damit die Exporte, wo unsere Firmen auf harte Konkurrenz treffen, als auch den Tourismus. Denn bei weiteren Preiserhöhungen in der Gastronomie und Hotellerie läuft man Gefahr, Kunden an andere Urlaubsländer zu verlieren.
Starker Wettbewerb verhindert höhere Preise und Inflation
Wenn der Wettbewerb hart ist, tut man sich mit Preiserhöhungen schwer, wie z. B. in der Mobilfunk-Branche. Doch Experten sehen da Nachholbedarf in Österreich durch starke Konzentration (Lebensmittelhandel) oder mangelnde Alternativ-Anbieter (etwa bei Fernwärme). Von oben verordnete Preissenkungen, wie es manche fordern, könnten hingegen mehr Schaden anrichten als sie nutzen. Das hat man in Ungarn gesehen, wo die Inflation in die Höhe geschossen ist als Folge des zweitweisen Eingriffs in den Markt bei den Lebensmittelpreisen.
Es gilt an vielen Rädern zu drehen, wenn man Österreich von der Inflationsspitze vertreiben will. Der Staat kann nur dafür sorgen, dass die Voraussetzungen für Wettbewerb gegeben sind und starre Strukturen aufgebrochen werden. Man soll seine Rolle aber auch nicht überschätzen. Zuviel Einfluss von oben ist in einer freien Marktwirtschaft sicher kein Erfolgsrezept.
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